Bitte Kehricht erst am Abfuhrtag deponieren
Im Zeitalter von Fake News muss man höllisch aufpassen, was man im Internet so alles behauptet. Deshalb gleich zu Beginn ein Disclaimer: Ich weiss nicht, ob der erwähnte Test tatsächlich stattgefunden hat. Und ich weiss auch nicht mehr, wer mir die Geschichte erzählt hat. Was dem brillanten Schild der STWEG Oberes Nümattli allerdings keinen Abbruch tut.
In meinen Schreibseminaren erzähle ich gerne eine Geschichte. Dummerweise weiss ich nicht mehr, von wem ich sie hab. Ich vermute mal, es war einer der brillanten Geschichtenerzähler an der GSA Academy (Germans Speakers Association) in München. Also an jener Schule, an der die besten Speaker der DACH-Region ausgebildet werden. Und ich ein Jahr lang auf der Bühne stand.
Eines schönen Schultages lernte ich: «Wenn ihr jemanden auffordert, etwas zu tun, solltet ihr stets begründen, weshalb die Person das tun soll.» Denn offenbar neigen wir Menschen dazu, Aufforderungen erst einmal reflexartig abzulehnen. Doch zum Glück lässt sich dieser Abwehrreflex relativ einfach aushebeln: mit einer Begründung. Um das zu beweisen, schickte ein Forschungsteam einen Schauspieler los. Seine Aufgabe: Sich an der Supermarktkasse vorzudrängeln!
Tat er das mit den Worten: «Lassen sie mich bitte vor», scheiterte das Unterfangen kläglich – so gut wie niemand liess ihn vorbei. Wandte er sich hingegen mit den Worten: «Lassen sie mich bitte vor – ich habe es eilig», an die Wartenden, wendete sich das Blatt schlagartig: Die Zahl der Wartenden, die ihn passieren liessen, schnellte sprunghaft in die Höhe. Aus diesem Grund predige ich den Teilnehmenden meiner Schreibseminare stets, dass sie ihre Calls to Action begründen sollen. Wie das Beispiel zeigt, muss diese Begründung nicht einmal intellektuell hochstehend sein.
Ich kann mich beim besten Willen nicht erinnern, dass jemand von der STWEG Oberes Nümattli in Rickenbach SZ in einem meiner Seminare war. Trotzdem hat die verantwortliche Person genau das gemacht, was ich predige: Ihr Verbot begründet.
Wir alle haben das Schild «Bitte Kehricht erst am Abfuhrtag deponieren», schon mal gesehen. Und komplett ignoriert. Weil wir nicht einsehen wollten, weshalb wir unseren Güsel nicht schon am Vorabend herausstellen dürfen. Schliesslich sieht das in der Nacht ja kein Mensch.
An diesem Punkt kommt die STEWEG Oberes Nümattli und ergänzt das bekannte, aber nicht unbedingt bewährte, Verbot mit dem Hinweis «Wegen der Wildtiere». Und schon weicht unser Anti-Reflex einem einsichtigen: «Ja, klar, begriffen, mache ich!»
Grossartig!