Pesche Heiniger: drus u dänne

Ich kann genau etwas: einigermassen verständliche Texte schreiben. Mehr nicht. Bei allem anderen wird es schwierig. Zu meinem grossen Erstaunen gibt es Menschen, die können deutlich mehr als ich. Auch mit Buchstaben. Zu diesen Menschen gehört Pesche Heiniger. Der Emmentaler ist Slam Poet, Spoken Word Performer, Kolumnist und Liedermacher. Mit anderen Worten: Er kann schreiben, komponieren und singen. Und all seine Texte am Ende auch noch auf unterschiedlichste Art und Weise von sich geben.

Nach vielen Jahren Downtown Zürich hat es mich vor ein paar Jahren bekanntlich aufs Land verschlagen. Und zwar richtig – an den alleräussersten Zipfel. Da, wo die Schweiz zu Ende ist und der grosse Kanton beginnt. Das klingt schlimm. Hat aber durchaus gewisse Vorteile: Ich kann zum Beispiel zu Fuss zur Arbeit gehen. Und das erst noch durch unberührte Natur. Erst durch den Wald und dann immer schön dem Rhein entlang. Komme ich aus dem Wald, sind es nur noch zwölf Schritte bis zu meiner Bürotüre.

Der Weg durch den Wald und dem Rhein entlang führt über Deutschland. Ich muss also jeden Morgen und jeden Abend mehrmals Grenzen überschreiten. Auch das klingt schlimm. Ist es aber nicht. Denn die Grenze besteht einzig und allein aus einem (Grenz-)stein. Es handelt sich also im wahrsten Sinne des Wortes um eine «grüne Grenze». Auch kulturell hat der äusserste Zipfel des Landes einiges zu bieten. Zum einen liegt Eglisau perfekt zwischen dem Casinotheater Winterthur (links) und dem Volkshaus Zürich (rechts).

Zum anderen kommt die Kultur regelmässig in die Provinz hinaus. Weil es auf dem Land viele engagierte Menschen gibt, die eben diese Kultur auf eben diesem Land fördern. «Viva Eglisau» heisst die Organisation, die mit grossem Engagement das «Städtli» belebt und immer wieder tolle Künstler:innen zu uns bringt. (Man beachte in diesem Zusammenhang auch meinen Artikel über das Musikkabarett Liederlich»).

Manchmal treten bei solchen Anlässen auch Künstler:innen auf, von denen ich noch nie etwas gehört habe. Vor ein paar Tagen war das ein gewisser Pesche Heiniger. In der Regel gehe ich dann nicht hin. Denn zwei Stunden können verdammt lang sein. Doch Frau Zwicker war von der Ausschreibung dermassen angetan, dass sie mir keine andere Wahl liess, als mitzugehen. «Eine Hommage ans Fernweh und eine Liebeserklärung ans Zuhausebleiben. Eine abwechslungsreiche Reise aus Spoken Word, Slam Poetry und Songs. Unterhaltsam, überraschend und ganz sicher gut fürs Gemüt.» stand auf dieser Ausschreibung. Und ich muss schreiben: Das trifft die Sache auf den Kopf: Der Abend mit dem wort- und stimmgewaltigen Giel war mehr als gut fürs Gemüt: Er war Balsam! Pesche kann mit Sprache umgehen, dass ich im Laufe des Abends mehrmals vor Neid erblasste. Und nie lachen, aber immer wieder lächeln musste.

Wie sagte der grosse Emil im Doppelpunkt bei Roger Schawinski diese Woche so schön: «Heute kriegen Menschen, die zwei Jahre auf der Bühne stehen, irgendeinen Preis. Und weil sie einen Preis gewonnen haben, werden sie auch engagiert.» Was nicht immer zu ihrem Vorteil ist. Und schon gar nicht zum Vorteil der zahlenden Kundschaft. Pesche steht seit 2015 auf der Bühne. Seine Geschichten, seine Performance und sein Programm sind über zehn Jahre gewachsen. Und gereift. Das sieht, hört und spürt man. Drus u dänne ist ein abendfüllendes Programm mit wunderbaren Geschichten über wunderbare Menschen, die wir nicht kennen, er aber schon.

Ob Pesche zu seiner «Zigarrenbox-Gitarre» greift oder «einfach so» eine Geschichte erzählt: Er jongliert mit Buchstaben und Wörtern, dass es eine Freude ist. Deshalb mein Tipp an alle, die Sprache lieben: unbedingt hingehen! Es ist gut fürs Gemüt. Oder wie ich schreiben würde:

Grossartig!

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