Mike Müller | Erbsache – Heinzer gegen Heinzer

Gewisse Dinge sind komplett an mir vorübergegangen. Zu diesen Dingen gehört auch Mike Müller. Ich habe zwar mitbekommen, dass er zusammen mit Victor Giacobbo bei SRF eine Late Night Show hatte. Aber wie das Late Night Shows nun mal an sich haben: Sie kommen Late in der Nacht. Und da pflege ich zu schlafen. Zumindest in den Jahren 2008 bis 2016, als die Sendung ausgestrahlt wurde. Da sass ich noch jeden Morgen um 4.00 Uhr am Computer. Mit zunehmendem Alter bin ich nachlässiger geworden: Heute schlafe ich bis 5.00 Uhr und sitze erst um 5.07 am Laptop.

Aus diesem Grund musste ich jeweils mit den Schultern zucken, wenn das Gespräch auf Giacobbo/Müller kam. Ich wusste nur: Die einen liebten die Sendung heiss. Die anderen, wie meine damalige Geschäftspartnerin, schimpften über das linke Staatsfernsehen. Und Frölein da Capo, die zwischen 2010 und 2012 die Musik zu Giaccobo/Müller beisteuerte, lernte ich auch erst viel später bei den Dreharbeiten zu den TV-Spots «70 Jahre Migros Luzern» kennen. (Dafür hat sie mich später in verdankenswerter Weise als Aufhänger für eine Kolumne in der Schweizer Familie verwendet).

Der Bestatter

So richtig ins Bewusstsein rückte mir Mike Müller erst 2013 und 2014 mit der Serie «Der Bestatter». Da sassen der kleine Nick und ich jeweils erwartungsfroh vor der Flimmerkiste und liessen so gut wie keine Folge aus. Nach dem Debakel des Luzerner Tatorts fand ich die Sendung richtig gut. Als Autor und Texter hat mich nicht zuletzt die Tatsache fasziniert, dass kein einzelner Autor und keine einzelne Autorin hinter dem Erfolg stand. Sondern ein Kollektiv, das im Writer’s Room in die Tasten griff.

Spätestens seit dem Tatort aus Dortmund (Faber) und dem Tatort aus Münster (Boerne und Thiel) weiss man, dass beim Tatort der Charakter der Hauptfiguren mindestens so wichtig ist wie der eigentliche Fall. Der arme Stefan Gubser war ausser langweilig einfach nichts. Keine Ecken, keine Kanten. Ein bitzeli Frauenschwarm. Ein bitzeli lebensmüde. Das reicht einfach nicht! Da war Luc Conrad schon ein anderes Kaliber. Der hatte einen eigenständigen Charakter und die Szenerie im Bestattungsinstitut waren für Schweizer Verhältnisse ziemlich schräg. Und dass beim Bestatter viele Schweizer Schauspielerinnen und Schauspieler zu sehen waren, fand ich ebenfalls grossartig. Auch wenn das Ende für meinen Geschmack etwas gar kompliziert war und ich den kleinen Nick bitten musste, mir das alles nochmals in Ruhe zu erklären. Vielleicht haben am Ende die vielen Köche den Brei doch noch verdorben. Oder zumindest etwas schwerer verdaulich gemacht.

Blaue Ente

Der letzte Donnerstag im Monat ist ein hochheiliges Ritual. Da treffe ich mich jeweils mit meinem persönlichen Finanz- und Lebenscoach, dem grandiosen Dominique Raymond Rychner zum Männerabend, der in den letzten Monaten fast ein wenig zum Rentnerabend mutierte, weil wir an besagten Abenden nur noch in Thermalbädern herumliegen. Umso erfreuter war ich, als mir DRRC den Link zu Miller’s Studio schickte und mich zu einem Theaterabend mit Mike Müller aufbot.

Mike Müller? Ich wusste nicht einmal, dass der Theater spielt. Und schon gar nicht, dass diese Theater richtig richtig lustig sind. Obwohl ich mir mit meinen Jungs so gut wie jedes Programm von Schweizer Comedians anschaue. Der Abend startete mit einem Essen in der Blauen Ente. Was bei mir zahlreiche Jugenderinnerungen auslöste. Damals, als ich noch bei der grossen internationalen Werbeagentur textete, musste man da mindestens 1 x pro Woche hin. Und weil der Place ach so hip war, haben wir in der Blauen Ente sogar eine Serie von TV-Spots gedreht. Meine Begeisterung hielt sich schon damals in Grenzen. Und auch heute, 35 Jahre später, hat sich daran nichts geändert. Das Essen haute mich nicht vom Hocker. Dafür die Rechnung umso mehr. Zum Glück hatte ich die Tickets gekauft. So musste mein Begleiter fürs Essen aufkommen.

Miller’s Studio

Pünktlich um 20.00 Uhr sassen wir im Theater. Wir hatten die Tickets relativ spät bestellt und mussten uns deshalb mit den billigen, also unnummerierten Plätzen begnügen. Und da war bei unserem Eintreffen alles besetzt. Nur vereinzelte Plätze waren noch frei. Auch wenn ich nicht die Absicht hatte, den ganzen Abend mit meinem Lebensberater Händchen zu halten: Die Aussicht, einen Abend lang zwischen fremden Leuten zu sitzen, war alles andere als prickelnd. Dafür war das Bühnenbild umso spannender. Eine Bühne. Und links und rechts je eine Reihe mit Stühlen. Das könnte tatsächlich was werden!

Und dann kam er auf die Bühne. Der Müller Mike. Mit Anzug und Hemd. Wie man ihn kennt. Und legte los. Erst als strenge Richterin aus dem Bündnerland. Dann als esoterische Klägerin. Dann als bekiffter Angeklagter. 80 Minuten lang schlüpfte er von einer Rolle in die nächste. Und wechselte manchmal sogar mitten im Satz die Rolle. Und mit ihr den Dialekt. Er rezitierte den komplizierten Text ohne die kleinste Unterbrechung. Er stellte Fragen. Und beantwortete sie gleich selbst. Und er schälte die einzelnen Charaktere und ihre Macken mit jedem einzelnen Satz immer klarer heraus. Am Ende mögen es wohl acht bis zehn Charaktere gewesen sein, die Mike Müller zum Besten gab. Allesamt mit brillanten Texten. Und brillant gespielt.

Grossartig!

Erbsache – Heinzer gegen Heinzer und Heinzer
Eine amtliche Komödie von und mit Mike Müller
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