Königlich: Das Weihnachtsgeschenk der Druckerei Herzog.

Mit Weihnachtsgeschenken ist es so eine Sache: Früher hat sich so gut wie jede Firma bei ihren Kundinnen und Kunden mit einem Präsent bedankt. Die einen etwas origineller. Die anderen etwas weniger. Und ich war von Mitte November bis Mitte Dezember mit dem Texten der entsprechenden Weihnachtskarten beschäftigt. Das hat richtig Spass gemacht. Denn ich konnte beim Schreiben sowohl auf das Unternehmen als auch auf das Präsent eingehen. Und die schönsten Analogien machen.

Heute sind Weihnachtsgeschenke für die meisten Firmen eine unliebsame Pflicht, die sie mit der grösstmöglichen Emotionslosigkeit hinter sich bringen: Weihnachtsgeschenke werden gar nicht erst gesucht. Stattdessen überweisen die meisten Unternehmen einfach einen Betrag an eine Stiftung oder übernehmen zusammen mit 79 anderen Firmen die Patenschaft für einen Pinguin im Zürcher Zoo. Die entsprechenden Weihnachtskarten kommen wie Quittungen daher: «Hiermit bestätigen wir Ihnen, dass wir unserer moralischen Pflicht nachgekommen sind und der Institution XYZ Geld überwiesen haben.» Sicher: Diese Organisationen können das Geld allesamt gut brauchen. Und ihre Arbeit ist ganz sicher richtig und wichtig. Trotzdem tue ich mich mit diesen Karten schwer. Meiner Meinung nach könnte man sie genauso gut ganz weglassen. Und das Geld, das der Druck und die Gestaltung kosten, auch noch an die jeweilige Institution überweisen.

Knusper, knusper Knäuschen

Umso mehr freue ich mich, dass es noch Firmen gibt, die sich jedes Jahr zu Weihnachten etwas einfallen lassen. Mag sein, dass mein Eindruck täuscht. Doch bei diesen Firmen handelt es sich meist um Unternehmen, die noch einen «richtigen» Patron haben. Zu dieser Spezies gehört zum Beispiel Socke Pilloud von der Aare Vorsorge AG in Bern. Er hat sich bei seinen Mitarbeiter:innen und seinen Kundinnen und Kunden mit einem handgemachten Lebkuchenhaus bedankt – und mir damit die perfekte Steilvorlage für einen Text geliefert, der den beschenkten Personen mit Sicherheit ein Lächeln aufs Gesicht zaubert.

Und es muss auch nicht jedes Jahr ein neues Geschenk sein: Viele Unternehmen verschicken seit Jahren das gleiche Präsent und machen sich damit einzigartig. Jeannette Simeon-Dubach von Direct Network verschickt zum Beispiel Jahr für Jahr an Ostern eine Colomba. Unspektakulär. Aber saumässig gut. DM-Grafiker Felix Hohl hat seine Mailings während Jahren am 6. Dezember verschickt. Pünktlich zum Samichlaustag landete jeweils ein Paket mit einem Jutesäcklein in meinem Briefkasten, das nach bester Samichlaus-Manier mit Mandarinen, Nüssen und Schokolade gefüllt war. Dazu gab’s, nicht mehr ganz so samichlauslike, eine Flasche Wein und einen Mocken getrocknetes Schweinefleisch. Das Mailing war mein ganz persönliches Highlight des Jahres. Dem Wein konnte ich problemlos widerstehen. Den Nüssli schon weniger. Und beim getrockneten Fleisch habe ich jeweils hemmungslos zugeschlagen und den Mocken noch am selben Tag zum Znüni, zum Zmittag und zum Zvieri verdrückt. Absolut übertrieben und genial unvernünftig. Aber Jahr für Jahr mein ganz persönliches Samichlaus-Fest! Und bis heute unvergessen. Weil sich immer mehr Menschen vegetarisch ernähren, hat Felix zuerst das Fleisch weggelassen. Dann den Samichlaus-Sack. Und zu guter Letzt auch noch den Wein. Seither ist der 6. Dezember für mich nicht mehr das, was er mal war.

Denken beim Schenken

Keine Frage: Das Verschenken von Fleisch ist heikel. Und geht heute definitiv nicht mehr. Ausser, man kennt die empfangende Person. Und weiss, dass sie gerne Fleisch hat. Ähnlich heikel ist Musik: Als die Axa noch Winterthur hiess und sich bei ihren Kundinnen und Kunden mit einem Weihnachtsgeschenk für das viele Prämiengeld bedankte, bekam ich jedes Jahr eine CD. Ich habe keine Ahnung mehr, wer oder was darauf zu hören war. Auf jeden Fall war die Musik nicht mein Geschmack und so landete die CD jeweils ungeöffnet in der Flohmarkt-Kiste.

Dabei ist es mit ein bisschen Hirnschmalz nicht schwer, ein passendes Weihnachtsgeschenk zu finden und seine Kundinnen und Kunden zu begeistern. Das beweist zum Beispiel die Druckerei Herzog in Langendorf bei Solothurn. Vor zwei Jahren habe ich im Auftrag von Qube Creatives die Webseite für die Druckerei getextet. Nach der Webseite durfte ich diesen Herbst die Einladung für das traditionelle Herzog-Fest schreiben, das nach zwei Jahren Corona-Pause wieder einmal durchgeführt werden konnte. Aus diesem Grund schrieb ich in der Einladung.

«Falls Sie nach der langen Pause nicht mehr wissen, wie das Herzog-Fest geht: Sie kommen gemeinsam mit Ihren Lieben von 11.00 bis 13.00 Uhr zu uns in die Druckerei nach Langendorf. Sie geniessen ein paar feine Häppchen und ein paar feine Gläschen. Und Sie wählen aus zehn verschiedenen Motiven zwölf Rollen Einwickelpapier aus, die Sie gratis mit nach Hause nehmen können.»

Ein Fest mit einer grossen Tradition

Und wenn ich der einzige auf dieser Welt bin: Ich finde das lustig! Und 1000 x besser als das übliche Corona-Gejammer. Ich liess es mir deshalb nicht nehmen, an besagtem Samstag nach Langendorf zu reisen. Bei strahlendem Sonnenschein und sommerlichen Temperaturen machte ich mir auf der Autobahn Gedanken: Am Samstag von 11.00 bis 13.00 Uhr einen Event durchzuführen, ist ganz schön mutig. Schliesslich tätigen Herr und Frau Schweizer um diese Zeit ihre wöchentlichen Einkäufe in der Migros. Oder sie bringen die Weissblechbüchsen zur Sammelstelle. Oder sie spritzen das Auto bei Stützliwösch mit heissem Wasser ab. Kurz: Sie haben absolut keine Zeit für ein Fest. Dementsprechend ging ich davon aus, dass maximal 21 Personen vor Ort sein werden.

Suppe im Treppenhaus

Als ich um 11.20 Uhr in Langendorf eintraf, platzte die Druckerei bereits aus allen Nähten. Zwischen den Druckmaschinen sassen und standen mehr als 300 (!) Gäste. Und ich hatte 0,0 Chancen auf einen Sitzplatz. Mir blieb nichts anderes übrig, als meine Suppe im stylischen Treppenhaus zu löffeln. Dabei nahm ich verwundert zur Kenntnis, dass sich alle zwei Minuten eine junge Mutter oder ein junger Vater mit einem Kind auf den Weg in den oberen Stock machte. Also stieg ich ebenfalls die Treppen hoch und machte mir ein Bild von dem, was da geboten wird. Beim Blick auf das Kinderparadies wurde mir klar: Auch Kinder werden bei Herzog wie Königinnen und Könige behandelt! Dementsprechend sind sie gerne mit von der Party. Was bei anderen Events doch eher selten ist. Das Food-Angebot war sogar noch besser als im Erdgeschoss und ich konnte nur mit Müh und Not der Versuchung widerstehen, mich mit all den Kids in der Hot-Dog-Reihe anzustellen.

Auch Herzog Druck bedankt sich bei seinen Kundinnen und Kunden mit einem Weihnachtsgeschenk. Oder «Bhaltis», wie man das an einem Event wohl besser sagt. Patron Christian Herzog hatte vor ein paar Jahren auf der Suche nach einem passenden Weihnachtsgeschenk eine geniale Idee: Geschenkpapier! Das ist nahe beim Unternehmen. Und alle können es gebrauchen. Seither beauftragt die Druckerei Herzog jedes Jahr verschiedene Künstler:innen mit der Gestaltung der entsprechenden Kollektion. Die Gäste des Herzog-Festes können wählen, wie viele Bögen sie mit welchen Sujets als Geschenk mit nach Hause nehmen wollen. Zwölfmal das Gleiche. Oder zwei von dem, vier von dem und zwei von dem.

Ich habe was, das du nicht hast

Maurice Perrelet drückte mir bei der Ankunft in Langendorf einen Zettel in die Hand, auf dem ich meine Bestellung notieren konnte. Ich sah mir die einzelnen Sujets ganz genau an, gab den Zettel beim Geschenkpapier-Stand ab und holte mir die Rolle mit «meinen Blättern» am Ende der Veranstaltung am Gschänklistand ab. Gleich vier Mitarbeiter:innen kümmerten sich um die ausgefüllten Formulare und stellten die gewünschten Geschenkbögen während des Festes zusammen.

Wie bei allen genialen Ideen übersteigt der emotionale Wert den effektiven Warenwert um ein Vielfaches. Und so stolzierte ich wie 300 andere begeisterte Festteilnehmer:innen mit «meiner Röhre» zum Auto. Und freute mich bereits im November aufs Einpacken meiner Weihnachtsgeschenke. Mit exklusivem Geschenkpapier, das ausser mir höchstens noch 300 andere Personen haben.

Grossartig!